Wer war Edward de Vere?

Edward de Vere wurde am 12. April 1550 in Castle Hedingham / Essex geboren. Sein Vater John de Vere, der 16. Graf von Oxford, hatte das erbliche Amt des Lord Great Chamberlain inne. Seine Mutter Margery, Gräfin von Oxford, war die Schwester von Arthur Golding, dem Übersetzer von Ovids Metamorphose.

Sein Vater starb 1562, seine Mutter heiratete einige Monate später Charles Tyrrel. Edward de Vere - jetzt als 17. Graf von Oxford - kam unter königliche Obhut in das Haus von William Cecil, dem Staatssekretär (Secretary of State) der Königin Elisabeth und späterem Schatzkanzler. Unter Cecils Aufsicht wurde Edward de Vere einer der best ausgebildeten Persönlichkeiten in England.

1564 und 1566 erhielt er von der Universität Cambridge den Bachelor- und von der Universität Oxford den Master-Titel. 1567 studierte er Jura am Gray's Inn.   

1571 heiratete Edward de Vere Anne, die Tochter von William Cecil. Aus der Ehe haben die drei Töchter  Elisabeth, Bridget und Susan das Erwachsenenalter erreicht.

Inzwischen volljährig und als Graf von Oxford und Lord Great Chamberlain Mitglied des Hochadels, gehörte er inzwischen zum Hof und ging in Whitehall ein und aus.

Oxford erbat wiederholt von der Königin die Erlaubnis, auf den Kontinent zu reisen. Dies wurde abgelehnt. 1574 reiste er dann ohne Erlaubnis in die Niederlande, vermutlich um seinen Freund Gascoigne aus spanischer Gefangenschaft zu befreien. Er folgte aber bald dem Befehl auf Rückkehr. Mit offizieller Erlaubnis begann er dann 1575 eine Reise, die ihn zunächst nach Frankreich führte, wo er den Königshof in Paris in diplomatischer Mission besuchte. Über Straßburg und einen Besuch bei dem Humanisten Johannes Sturm reiste er dann nach Italien und kehrte erst nach  anderthalb Jahren nach England zurück. Bei seiner Rückkehr nach England wurde sein Schiff von Piraten überfallen - ein Ereignis, das an Hamlets Schicksal erinnert.

Wenige Jahre später reiste sein Schwager Peregrine Bertie, Lord Willoughby, als Botschafter der Königin, an den dänischen Hof in Helsingör. Sein Bericht erinnert auch deutlich an das, was sich im Hamlet über den dänischen Hof findet.

Seit seiner Rückkehr vom Festland lebte Edward de Vere für fünf Jahre von seiner Frau getrennt. Ihm waren Zweifel eingeflüstert worden, dass seine Tochter Elisabeth nicht rechtmäßig sei.

1581 ging Edward de Vere eine außereheliche Beziehung mit Anne Vavasour ein, aus der ein unehelicher Sohn, Edward Vere, hervorging.

Zwischen Thomas Knyvet, Anne Vavasours Onkel, und den Anhängern von Oxford kam es immer wieder zu Streitigkeiten und Straßenkämpfen, in deren Folge Oxford auch verwundet wurde. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Kämpfe in Romeo und Julia zwischen den verfeindeten Häusern sehr viel Ähnlichkeit mit diesen Vorgängen haben.

Seit 1587 verfügte Königin Elisabeth eine jährliche Zuwendung von 1000 Pfund an Oxford - eine vergleichsweise sehr hohe Summe, über deren Gründe aus den Dokumenten nichts hervorgeht. König Jacob hat nach Elisabeths Tod diese Zuwendung bestätigt und in diesem Zusammenhang von „Great Oxford" gesprochen.

Es kam zu einer Versöhnung mit seiner Frau Anne und offenbar auch einer Anerkennung von Elisabeth als seiner Tochter. Das Schicksal der unschuldig der Untreue bezichtigten Frau tritt in vielen von Shakespeares Dramen auf: Othello, Viel Lärm um Nichts, Cymbeline, Wintermärchen. Es ist ein Lebensthema von Edward de Vere.

1588 stirbt Oxfords Frau. 1591 geht Edward de Vere eine zweite Ehe mit Elisabeth Trentham ein. Aus dieser Ehe geht sein Sohn Henry, der 18. Graf von Oxford, als sein Erbe hervor. Seit dieser Zeit lebte Edward de Vere zurückgezogen und erschien nicht mehr bei Hofe.

1596 zogen er und die Gräfin in den Vorort Hackney, nordöstlich von London und leben in King's Place - direkt bei Stratford (nicht upon Avon). Über die weiteren Jahre liegen wenige Dokumente vor. Edvard de Vere starb am 24. Juni 1604 in Hackney. Der Eintrag in dem Kirchenbuch über seine Beerdigung in der Kirche von Hackney stimmt nicht mit dem Bericht seines Vetters Percival Golding überein, wonach Edward de Vere in Westminster begraben sei.


Bildunterschriften:
(1) Marcus Gheeraedts
Edward de Vere, 17. Graf von Oxford
Einige Forscher halten es für ein Portrait des Vaters John de Vere, 16. Graf von Oxford.
Über der Hand ist der Eber, das Wappentier der de Veres, zu erkennen.

(2) Unbekannter Künstler, sog. Wellbeck-Portrait, Edward de Vere, 17. Graf von Oxford


ferner:
A short life of Eward de Vere, 17th Earl of Oxford