Shapiro (7) Eine Antwort auf Shapiros Los Angeles Times - Beitrag

Der folgende  Brief von John Shahan (ins Deutsche übersetzt; Englisher Text hier) wurde als Antwort zu Shapiros Artikel "Alas, poor Shakespeare," in Los Angeles Times, Opinion Section, Sunday, April 11, 2010 geschrieben.

John Shahan ist Vorsitzender der Shakespeare Authorship Coalition und federführender Autor der "Declaration of Reasonable Doubt About the Identity of William Shakespeare".

Sehr geehrter Herausgeber,

Ich denke, Shapiro verspricht zuviel. Er drückt sein Entsetzen darüber aus, dass ein Film (Anonymous) gedreht wird, in dem „Shakespeare" als der siebzehnte Graf von Oxford und nicht als Will Shakspere aus Stratford gezeigt wird. Weiter wird in diesem Film der Graf von Oxford als Sohn und Liebhaber der Königin Elisabeth I. vorgestellt -  eine Theorie, so behaupten zumindest einige, die erklären könne, warum der Verfasser der Shakespearschen Werke seine wahre Identität habe verbergen müssen.

Ich teile Shapiros Besorgnis, dass diese Theorie als historische Wahrheit hingestellt werden könnte, da der Großteil derer, die an der hergebrachten Verfasserschaft zweifeln, mich selbst einbegriffen, die Ansicht vertreten, dass sie geschichtlich nicht haltbar ist. Diese Theorie, bekannt als „Prince-Tudor-Theorie" oder kurz „PT-Theorie", ist äußerst umstritten: sie wird in erster Linie von Oxfordianern und nicht von Vertretern der Orthodoxie heftig bekämpft. In seinem Buch Contested Will, nicht jedoch in dem Artikel, räumt Shapiro selber ein, dass das oxfordianische Lager darüber „tief gespalten" ist. Der Filmregisseur Roland Emmerich würde uns einen Gefallen tun, wenn er darauf hinwiese, dass sein Drehbuch nicht unbedingt den Anspruch erhebt, dem wirklichen historischen Sachverhalt gerecht zu werden.

Doch entgegen Shapiros Behauptung besteht die Gefahr nicht darin, dass Lehrer „sich Schülern gegenübersehen werden, die argumentieren, dass die... Geschichten über das elisabethanische England und seinen größten Dichter erfunden und erlogen sind". Lehrer wären glücklich darüber, wenn sich ihre Schüler so sehr für Shakespeare interessierten  Für diejenigen, die ausreichend motiviert sind, die Beweislage zu prüfen, „muss schließlich die Wahrheit heraus". Tüchtige Lehrer werden es als eine Gelegenheit auffassen, den Wahrheitswillen ihrer Schüler zu fördern und sie zu unterrichten, wie man Evidenz prüft und bewertet, das Thema diskutiert und schließlich selbständig durchdenkt. Die wirkliche Gefahr, die vom Film ausgehen könnte, ist, dass die Verfasserschaftsfrage diskreditiert wird und die zahlreichen guten Gründe, daran zu zweifeln, ob der Mann aus Stratford wirkllich diese großen Dramen und Gedichte geschrieben hat, weggewischt werden.

Shapiros wirkliche Besorgnis ist nicht, dass Schüler sich von der im Film vertretenen These verführen lassen könnten, sondern dass dadurch ihr Interesse für eine faszinierende Frage aktiviert werden könnte, welche er zu unterdrücken bestrebt ist. Das Allerletzte, das er sich wünscht, ist, dass  das Interesse der Schüler und Studenten an der Frage erweckt würde und sie sich selbst Fragen zu stellen begännen. Dann könnte es geschehen, dass sie sich auf die Seite „eingefleischter Verschwörungstheoretiker" schlagen vom Schlage jener Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten: Harry A. Blackmun, Sandra Day O'Connor, Lewis F. Powell, Jr., Antonin Scalia und John Paul Stevens oder solcher Schauspieler wie Jeremy Irons, Sir Derek Jacobi, Mark Rylance und Michael York - alles Zweifler an der herkömmlichen Verfasserschaftsthese, die von Shapiro in seinem Buch erwähnt werden und die er zu diskreditieren versucht.

 Für eine umfassende Präsentation der Evidenz und der Argumente für und wider den Mann aus Stratford verweisen wir auf die „Declaration of Reasonable Doubt": www.doubtaboutwill.org/declaration. Selbst Shapiro räumt ein, dass es sich um ein geschickt verfasste Erklärung handelt, um das gemeinschaftliche Produkt einiger der besten Geister, die sich der Shakespearschen Verfasserschaftsfrage gewidmet haben.

Mit freundlichen Grüßen

John M. Shahan, Chairman & CEO
Shakespeare Authorship Coalition
310 North Indian Hill Blvd, #200
Claremont, California 91711
sac@DoubtAboutWill.org

http://www.doubtaboutwill.org/