Die 1604-Frage

"Critics of the theory argue that de Vere's death in 1604 means he cannot possibly have been the real Shakespeare as he would not have been aware of the Gunpowder Plot of 1605 and the wreck of the Sea Venture in Bermuda in 1609, which are thought to be alluded to in Macbeth and The Tempest respectively."

Telegraph.co.uk 24.11.2009

Dieser Einwand wird immer wieder erhoben,er ist aber schon seit langen entkräftet.

Die Lebensdaten von Edward de Vere (1550 - 1604) schlössen ihn als Autor von Shakespeares Werken aus, da einige Dramen erst nach 1604 entstanden seien.

Sicher bekannt ist nur, wann die Dramen zum ersten Mal im Druck erschienen. Wann sie vor dem Druck geschrieben wurden, ist in keinem Fall mit Sicherheit nachgewiesen.

20 von Shakespeares Dramen wurden erstmals 1623 in der Folio gedruckt, sind also in jedem Fall erst posthum veröffentlicht worden. Eine Aussage über die Entstehungszeit ist daraus also nicht herzuleiten. Über die Entstehungsdaten der anderen Dramen ist auch nichts bekannt ist. Es gibt darüber keine Dokumente.

Es ist aber teilweise versucht worden, aus Anspielungen zu Zeitereignissen, die sich in einigen Stücken finden lassen,  auf die Entstehungszeit zu schließen. Dies ist bei einigen Dramen auch möglich.

Auch  können u. U. die von Shakespeare verwendeten Quellen und ihr Erscheinungsdatum Hinweise darauf geben, wann ein Drama frühestens geschrieben sein kann.

Es ist auffällig, dass von Shakespeare keine Quelle benutzt worden ist, die nach 1603 veröffentlicht wurde.

Siehe Shakespeares „Quartos und Quellen" in 10 Fragen zur Autorschaft.

Es ist zwar immer wieder versucht worden, auch noch spätere Quellen nachzuweisen, aber ohne Erfolg.

Ein bekanntes Beispiel ist William Stracheys Bericht über den Untergang der Sea Venture 1609 bei den Bermudas als Quelle für den Sturm. Dieser Bericht ist aber erst 1625 gedruckt worden, kommt also nicht in Frage, es sei denn, man nimmt an, dass Shakespeare ein unveröffentlichtes Manuskript auf persönlicher Basis zu Kenntnis nehmen konnte.

Liest man den Bericht, muss man aber feststellen, dass es mit dem Sturm keine Beziehung gibt und Berichte über Schiffsuntergänge nicht selten sind. Z.B. wurde von Richard Harklyt 1600 von einem Schiffbruch von 1595 berichtet. Beim Sturm kann man sich sogar davon überzeugen, dass für die erste Szene die Apostelgeschichte mit der Schilderung des Schiffsbruchs des Paulus vor Malta genug Quellenmaterial bietet.

Der Hinweis, dass im Sturm an einer Stelle die „Bermoothes" genannt werden, kann den Strachey-Bericht als Quelle für Shakespeare nicht glaubhafter machen, denn die Erwähnung steht in keinem Zusammenhang mit dem Scheitern des Schiffes - und die Bermudas sind schon seit 1500 bekannt. Sir Walter Raleigh berichtet 1591 vom Verlust der Rewenge bei diesen Inseln. Auch gibt es Hinweise darauf, dass ein berüchtigter Stadtteil in London als „Bermoothes" bezeichnet wurde, wobei sich zu der entsprechenden Stelle im Sturm sogar ein inhaltlicher Bezug herstellen ließe.

Siehe: Dating the Tempest

Als weiteres Beispiel wurde versucht nachzuweisen, dass der Gunpowder Plot (1605) als Quelle für Macbeth diente. Nun gibt es im Macbeth keine inhaltliche Anspielung auf dies Ereignis, der Bezug wird über das Wort equivocation (Zweideutigkeit) herzustellen versucht, das in der bekannte Pförtnerszene vorkommt und im Prozess gegen die Täter eine Rolle spielte. Das Wort ist in der Literatur aber schon deutlich früher nachweisbar (1584) und kommt auch schon im Hamlet vor. Eine Basis für eine Datierung von Macbeth ist es nicht.

Die plötzliche und scharfe Zäsur 1603 /04 in der Praxis der Veröffentlichungen bei Shakespeares Dramen bei der Verwendung der Quellen und das erstmalige Auftreten von Fälschungen seit 1605 bedürfen der Erklärung. Dieser Einschnitt wird in keiner der gängigen Shakespeare-Biographien erwähnt, ist aber bei einiger Sorgfalt relativ leicht aufzuweisen.

Eine Erklärung würde durch ein politisches oder biographisches Ereignis möglich sein.

Darüber ist aber für Willian Shakspere nichts bekannt.

Es ist auch bemerkenswert, dass der Drucker James Roberts, der seit 1600 nur Shakespeares Werke gedruckt hat, 1604, nach dem Druck von Hamlet, plötzlich seine Tätigkeit als Drucker einstellt.

Edward de Vere starb am 24. Juni 1604.

Das „1604-Argument" unter Hinweis auf Sturm und Macbeth  ist ein letzter Strohhalm, an den sich die Stratford-Theorie klammert, das sich aber bei genauer Betrachtung sogar unauflösbar gegen sie wendet.