Teil II

Zwei Lizenzierungen sind bei Theaterstücken streng zu trennen: „license for the stage" und „license for the press". Ich übersetze das als „Genehmigung für Aufführung" und „Genehmigung für den Druck". Das Wort „Presse" klänge heute vermutlich missverständlich. Oder sagen wir „Aufführungsgenehmigung" und „Publikationsgenehmigung".

Die Aufführungsgenehmigung lag seit etwa 1579 beim Master of the Revels (Leiter der Hoflustbarkeiten). Der Master of the Revels war ein Untergebener des Lord Chamberlain of the Royal Household, meist kurz Lord Chamberlain genannt.

Bei der Publikationsgenehmigung muss man wieder zwischen verschiedenen Genehmigungen unterscheiden. Erst einmal musste das Stück die Zensur passieren, das Imprimatur erhalten. Ich lasse die Zeit vor 1586 beiseite. Mit dem ersten großen Pressegesetz, dem Star Chamber Decree of 23d June 1586 (Arber's Transcript, II.807-12)wurde in Artikel 4 bestimmt:

<< Item that no person or persons shall ymprint or cawse to be ymprinted, or suffer by any meanes to his knowledge his presse, letters, or other Instrumentes to be occupyed in pryntinge of any booke, work, coppye, matter, or thinge whatsoever, Except the same book, woork, coppye, matter, or any other thinge, hath been heeretofore allowed, or hereafter shall be allowed before the ympryntinge thereof, accordinge to thorder [the order]appoynted by the Queenes maiesties Iniunctyons[injunctions], And been first seen and pervsed [perused = durchgesehen] by the archbisop of CANTERBURY and Bishop of LONDON for the tyme beinge or any one of them (The Queenes maiesties Prynter for some speciall service by her maiestie, or by somme of her highnes pryvie Council [Privy Council = Geheimrat oder Kronrat, damals das, was heute die Regierung heißt], and such as are or shalbe pryviledged to prynte the bookes of the Common Law of this Realme, for such of the same bookes as shalbe allowed of by the Two Chief Justices, and Chief Baron for the tyme beinge, or any twoo of them onely excepted) Nor shall ymprynt or cause to be ymprinted any book, work or coppie against the fourme and meaninge of any Restraynt or ordonnaunce conteyned or to be conteyned in any statute or lawes of this Realme, or in any Iniunctyon made, or sett foorth by her maiestie, or her highnes pryvye Councell, or against the true intent and meaninge of any Letters patentes, Commissions or prohibicons [prohibitions] under the great seale of England, or contrary to any allowed ordynaunce sett Downe for the good governaunce of the Cumpany of Staconers within the Cyttie of London, uppon payne to have all such presses, letters, and instrumentes as in or about the pryntinge of any such bookes or copyes shalbe employed or used, to be defaced and made unserviceable for ymprintinge forever. And uppon payne also that every offendour and offendours contrarye to this present Artycle or ordynaunce shlbe dishabled (after any such offence) to use or exercise or take benefytt by usinge or exercisinge of the art or feat of ympryntinge. And shall moreover sustayne ymprysonment Six moneths without Bayle or mayneprise.>>

Ich habe den ganzen Artikel in alter Schreibweise (von „Rechtschreibung" konnte damals nicht die Rede sein, es wurde phonetisch geschrieben) wiedergegeben, damit nicht der Verdacht entstehe, ich hätte die Erwähnung einer Befugnis des Lord Chamberlain weggelassen.

Nur der Erzbischof von Canterbury (damals John Whitgift) und der Bischof von London (damals John Aylmer) waren zuständig für die Genehmigung von Gedrucktem, darunter Theaterstücke), für das Imprimatur.
Es gab einige Ausnahmen.

Ausnahme I:
Für bestimmte kronnahe Publikationen erteilte der Privy Council (Geheimrat) die Genehmigung, d.h. ein Mitglied desselben. Das war zum Beispiel der Fall für die in der vorigen Mail erwähnten Tabellen und Landkarten. Vielleicht trägt der ganze Eintrag zur Anschaulichkeit bei:

<<                                           xiijo Octobris [1590]
John Wolf
Entred for his copie, The tables and mappes of the Spaniardes pretendid Invasion. by Sea/together with the discription thereof, by booke and otherwise. in all languages under the handes of the Archbishop of CANTERBURY, the lord Admirall, the lord Chamberlen of her maiesties house..............vjd>>

Das ist aber das einzige Mal, das der Lord Chamberlain im Register erscheint. Außer natürlich am 22. Juli 1598 für The Merchant of Venice. Aber das ist ein ganz anderer Eintrag und ein anderer als der „Lord Chamberlain of Her Majesty's House". (das ist recht einfach, aber richtig im Focus, zu finden auf der Website unter Aktuelles zum Thema).

Ausnahme II:
Bücher über das Common Law. Bedürften der Genehmigung der beiden Lord Chief Justices ( nämlich der beiden wichtigsten Common-Law-Gerichte Queen's Bench und Common Pleas) und des Lord Chief Justice des Court ot the Exchequer, der aber „Chief Baron" genannt wurde.
Was dann folgt, ist keine Ausnahme, sondern eine Bestimmung für „letters patent" (hier Druckprivilegien), Kommissionen und Verbote.

Neben den Registern der Druckergilde (Stationers' Company) gibt es noch die Court Books, die Bücher, in denen die Beschlüsse des Court of Assistants festgehalten sind. An anderer Stelle auf dieser Website habe ich geschrieben, dass man sich dieser Court of Assistants als Aufsichtsrat oder besser als Verwaltungsrat vorstellen kann, denn er hatte auch exekutive Befugnisse; so konnte der Court of Assistants, wenn er gerade eine Sitzung hatte, als Ganzes auch Lizenzen erteilen, wie bei Shakespeares Troilus und Cressida, wie bald zu sehen sein wird. Bei dieser Lizenz handelt es sich aber überhaupt nicht um das Imprimatur, sondern um die Erteilung des Copyright, was man sinnvoll als Kopierrrecht und nicht als Urheberrecht übersetzt, denn es war wirklich nur ein Recht zum Kopieren und zum Verkaufen, um ein Vervielfältigungsrecht oder Verlagsrecht, wie es in der deutschen Fachsprache genannt wird. Autorrechte - und es gab Rechte des Autors! - waren in diesem Verlagsrecht nicht enthalten.

Am 3. Juni 1588 finden wir diesen Eintrag in einem Court Book (in dem von Walter Greg edierten Court Book B, hier in moderner Rechtschreibung):

<< Licensing of Copies
The names of Certen preachers [& others] whom the Archbishop of Canterbury has made choice of to have the perusing and allowing of of copies that are to be printed. First, any one of these setting his hand to a copy...>>

Es folgen 9 Namen von Personen, die ebenfalls berechtigt waren das Imprimatur zu erteilen. Später kamen andere hinzu. Man nannte diese Zensoren „correctors"

© R. Detobel

Lesen Sie weiter: Teil III