Das anschließende Verfahren folgt in zwei Schritten, die streng voneinander getrennt werden müssen. Dies ist die im ganzen Buch angewandte Methode, um Hypothesen zu überprüfen:

»Evidence Analysis«
»Theory columns«

Die Evidenzanalyse

Die beiden Protagonistinnen können getrennt jede für sich eine Gewichtung für folgende Aussagen vornehmen:

(a) Shakespeare war für eine bestimmte Zeit seines Lebens lahm.
(b) Shakespeare war zu keiner Zeit seines Lebens lahm.

Keine der beiden Aussagen ist mit Sicherheit falsch (und die andere dann mit Sicherheit richtig). Es sind unterschiedliche Gewichtungen möglich (sei es, dass man z. B. berücksichtigt, für wieviel Prozent der allgemeinen Bevölkerung in England im ausgehenden 16. Jahrhundert das etwa zutraf). Jedenfalls ist eine Gewichtung 0:1 (definitiv nicht lahm) und 1:0 (definitiv lahm) auszuschließen.

Aber 5:1 oder 50:1 sind plausible Annahmen für Beatrice (Stratford) und Claudia (Oxford).
Bei völlig unglaubwürdigen Annahmen werden Martin oder James intervenieren und zum erneuten Nachdenken auffordern.

Theory columns

Im zweiten Schritt – grafisch in einer zweiten Spalte (column) angeordnet – werden nun die drei Theorien: »Stratford« »Oxford« und »Ignoto« (für einen theoretisch möglichen dritten aber unbekannten Kandidaten) unabhängig voneinander betrachtet. Neue Informationen werden gebracht: Bemerkungen über seine Gesundheit im Testament von William aus Stratford und in Briefen des Grafen von Oxford. Wie plausibel ist jede der beiden Aussagen (a) und (b) im Licht jeder der drei Theorien? Das kann wieder durch Gewichtungen von den beiden Protagonistinnen unabhängig voneinander ausgedrückt werden.

Hier wird von beiden Unvoreingenommenheit verlangt, denn es geht nur um die Frage, wie gut die jeweilige Aussage zu jeder der drei Theorien passt. Auch hier werden Martin oder James jeweils auf die notwendige Vorurteilslosigkeit achten.

Beide, Beatrice und Claudia, geben die gleichen Gewichte zu den Aussagen: (a):(b).

1:10 (für Stratford), 20:1 (für ​​Oxford) und 1:10 (für Ignoto). Beide sind sich offenbar einig, dass die Oxford-Theorie besser zu der Aussage (a) und die Stratford/Ignoto-Theorie besser zur Aussage (b) passt.

Der Rest ist Mathematik und es können jetzt mit der »Basin Procedure« die »Post Probabilties« berechnet werden, die für jede der drei Theorien (und getrennt für jede Protagonistin) eine Wahrscheinlichkeit ausweisen. Diese Rechnung überminnt Martin, der nur die Ergebnisse mitteilt (die Formeln dazu sind im Anhang):

0,15 für Stratford, 0,75 für Oxford und 0,15 für Ignoto (im Fall von Beatrice) und
0,09 für Stratford, 0,82 für Oxford und 0,09 für Ignoto (im Fall von Claudia).

Die Dezimalstellen können auch als Prozentzahlen gelesen werden (0,15 entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 15%, 0,75 entspricht 75%, usw.).

Das ist Hypothesenüberprüfung. Die Ergebnisse sind für jede Protagonistin unterschiedlich, weisen aber in die gleiche Richtung. Der »persönliche Faktor« der gegebenen Gewichte wurde neutralisiert, ist aber nicht ganz verschwunden.

Dieses Verfahren wird nun auf weitere Beispiele angewendet, darunter u. a.

─   Vergleich von William aus Stratford mit bekannten Schriftstellern seiner Zeit (dabei wird die Untersuchung von Diana Price herangezogen)
─         Shakespeares Bildung
─         Geographische Kenntnisse
─         Shaksperes Handschrift
─         die First Folio
─         die Sonette
─         die Widmung der Sonette usw.

Insgesamt wird die Untersuchung in 17 Feldern vorgenommen, das Verfahren dabei aber noch wesentlich erweitert:

Zum einen auf den Fall, dass nicht nur zwei alternative Aussagen (a) und (b) zu prüfen sind, sondern mehr als zwei Aussagen parallel betrachtet werden können.

Ferner – und das ist entscheidend – werden fortlaufend die kumulierten Wahrscheinlichkeiten berechnet, die aus der zunehmenden Anzahl der einzelnen »post probabilities« eine Gesamtwahrscheinlichkeit bei immer mehr Beispielfeldern ergeben und die als »running degree of belief« präsentiert und auch grafisch dargestellt wird.

Der Zusammenhang zwischen der »einfachen« Wahrscheinlichkeit (einer Zahl zwischen 0 und 1) und dem »dergree of belief« (im Buch kommen dafür Zahlen zwischen +53 und -261 vor) wird mathematisch hergleitet. Der Leser kann das aber auch ohne die Herleitung nachzuvollziehen und den Zusammenhang einfach aus einer Tabelle entnehmen (S. 50).

Der Vorteil einer Umrechnung in einen »dergree of belief« liegt darin, dass bei sehr kleinen Wahrscheinlichkeiten die Schreibweise nur in 10er Potenzen möglich ist, wodurch die Darstellung aber unanschaulich wird und sie sich für eine graphische Darstellung nicht eignet.

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