Frage 15

Ist Shakespeare zu seinen Lebzeiten berühmt geworden?

[Tiffany Stern, Professorin für Dramen aus der frühen Neuzeit an der Oxford University und Authorin verschiedener Bücher über Shakespeare-Aufführungen, antwortet für den SBT]:

Shakespeare war zunächst als Dichter der erotischen Versepen Venus und Adonis, und Die Schändung der Lucretia und seiner „gezuckerten Sonette" bekannt. 1595 (sic) wird er als „süßer Shakespeare" und „Shakespeare mit der Honigzunge" gelobt. Von 1598 an findet sich sein Name auf Dramen. Er ist als Dramatiker bekannt.
„‘Mr. ... Shakespeare' was lauded for having ‘plaide ... Kingly parts in sport'"
und wurde als „unser englischere Terenz" bezeichnet. (Terenz war ein berühmter klassischer Dramatiker.) Er wurde aber nicht als hoch gebildet angesehen. Sein Dramatikerkollege Beaumont schrieb:
‘would ... from all Learninge keepe these lines as [cl]eere as Shakespeares';
Etwas positiver in Returne from Pernassus wird festgestellt:
‘Few of the university pen plaies well' and concludes ‘Shakespeare puts them all downe'.
Obwohl weniger brillant als Ben Jonson, hatte Shakespeare einen guten Ruf. Um 1630 sagt ein Scherzbuch: „Stratford upon Avon - bemerkenswert wegen der Geburt des berühmten William Shakespeare."

Frances Meres, Palladis Tamia (1598), 281; William Covell, Polimanteia (1595), R2r; John Weever, ‘Ad Gulielmum Shakespeare', Epigrammes (1595), E6r.
John Davies, ‘To our English Terence, Mr. Will: Shake-speare', The Scourge of Folly (1611), 76.
Francis Beaumont, ‘To Mr B: J:' (c. 1615), Holgate MS, Pierpont Morgan Library, f. 110, quoted in E.K. Chambers, William Shakespeare, 2 vols (Oxford: Clarendon Press, 1930), 2: 222-5; The Returne from Pernassus (1606), G2v.

Erwiderung:

Der Name „Shakespeare" war zu Lebzeiten von William aus Stratford berühmt. Aber es gibt keine Beweise dafür, dass irgendjemand die Beiden gleichsetzte. Dies geschah erst sieben Jahre, nachdem  S h a k s p e a r e  verstorben war. Abgesehen von der Annahme, dass er der Autor war, sagt nichts, dass er berühmt war. (Siehe unten die Antwort von Ramon Jiménez auf die Schlüsselfrage 5.)

In der Declaration wird festgestellt:
Entgegen der traditionellen Auffassung, dass der Autor eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens war, existiert kein Bericht darüber, dass er sich jemals direkt an die Öffentlichkeit wandte - weder als Peson noch in schriftlicher Form. Nichts zeigt, dass Elisabeth I. oder Jacob I. jemals Shakespeare begegnet sind oder seinen Namen genannt oder geschrieben haben. Als große Ausnahme unter den elisabethanischen Dichtern schwieg Shakespeare zu Elisabeths Tod. Am Anfang der Regierungszeit von Jacob I. zeigen die Dokumente, dass  S h a k s p e r e   in Stratford weilte, während die Spiele in London für den Hof inszeniert wurden. Warum nahm der bekannte Dramatiker und Hauptdarsteller der King's Men an diesen Ereignissen nicht teil?"

Und weiter: „Niemand, zeitgenössische Schriftsteller eingeschlossen, haben  S h a k s p e r e   jemals zu seinen Lebzeiten als Autor erkannt, und als er 1616 starb, schien niemand das bemerkt zu haben. Nicht einmal irgendein Brief bezieht sich auf den Tod des Autors. Wenn  S h a k s p e r e  Shakespeare war, müsste 1616 der Tod des Autors irgendwo erwähnt worden sein. Henniges, Condell und Richard Burbage, die er in seinem Testament erwähnt, zeigten keine Reaktion. Dies gilt auch für diejenigen, die Rechte an seinen früher veröffentlichten Dramen oder Gedichten hatten. Sie gaben nichts neu zum Druck. Von daher ist es schwierig zu argumentieren, dass der Mann berühmt war.

Schließlich ist es eine Ironie, dass Davies mit dem „Unser englischer Terence" von Tiffany Stern zitiert wird. Von dem römischen Dichter Terenz wurde angenommen (und das sicherlich auch zu der Zeit, als Davies das Gedicht schrieb), dass ihn die Werke anderer Dichter zugeschrieben worden seien! John Davies hat dies vermutlich ganz besonders im Sinn gehabt, als er die Zeilen schrieb.

John Hamill, unabhängiger Forscher, ehemaliger  Präsident der Shakespeare Oxford Society; Autor von zahlreichen Aufsätzen zur Autorschaftsfrage in The Oxfordian, und SO Newsletter

Übersicht         zurück        weiter