In welcher Weise sind die Stücke aufschlussreich über Shakespeares Kenntnisse der Theater-Praxis?
[Tina Packer, Gründerin von „Shakespeare & Company" (1978), deren
Produktionen überall in den USA gezeigt
wurden und sich gleichermaßen auf Performance, Bildung und Ausbildung richten, antwortet für den SBT:]
Als Theaterdichter wusste Shakespeare alles über Bühnenpraxis. Es gibt Regieanweisungen in den Texten, die indirekt den Schauspielern helfen, sich zu bewegen. Volumnia sagt zu ihren Begleiterinnen über ihren Sohn Coriolanus:
"Er kehrt sich ab. / Kniet nieder, Fraun, beschäm' ihn unser Knien."
Musikeinsätze sind in die Handlung integriert;
Musik und ihre Wirkung wurden ein
Teil von Shakespeares Erzählungen.
Fast alle Stücke können mit einer Gruppe von rund 14 Spielern aufgeführt werden und waren für Tourneen anpassungsfähig.
Die Spiele
ermöglichen aussagekräftige Doppelrollen, z. B. die beiden Brüder in Hamlet: Claudius und
der Geist des Bruders, den er ermordet hat.
Es bleibt Zeit für Bühnenabgänge und für Kostümwechsel.
Und in den
späteren Stücken werden die Möglichkeiten der neuen, kleineren Theater mit
geschlossenen Räumen genutzt, wie dem Blackfriars, das im Jahre 1608 eröffnet wurde.
Shakespeare wusste, wie Regie zu führen,
wie zu spielen und zu schreiben war.
Erwiderung:
Niemand bestreitet die vollendete Beherrschung der Bühnenkunst in den Dramen, aber das ist kaum ein Argument für den Mann aus Stratford. Haben nur professionelle Schauspieler die Theaterpraxis gekannt? Jeder erfolgreiche Dramatiker ist damit vertraut und die meisten von ihnen sind keine Schauspieler. Alles, was wir der Bühnenwirksamkeit der Stücke entnehmen können, ist, dass derjenige, wer immer sie geschrieben hat, Kenntnisse über das Theater aus erster Hand besaß, und dass er auch die wichtigsten Schauspieler kannte.
Packer Aussage, dass „Musik und ihre Wirkung ein Teil von Shakespeares Erzählungen
wurden", setzt einen Autor mit
musikalischer Ausbildung voraus, was
Forschern schon lange aufgefallen war. Wie S h a k s p e r e eine musikalische Ausbildung
in Stratford erhalten
haben soll, ist aber noch schwerer zu erklären als seine Ausbildung in Fremdsprachen wie Französisch, Italienisch
und Griechisch. Fremdsprachenkenntnisse
und musikalische Fähigkeiten werden am ehesten
während der Kindheit erworden und nicht mehr später im
Erwachsenenalter. S h a k s p e r e erwähnt übrigens keine Musikinstrumente in seinem Testament
und auch kein geistiges Eigentum.
- Bonner
Miller
Cutting, MM, Independent Scholar;
Mitglied des Vorstandes, Shakespeare
Fellowship und Shakespeare
Authorship Coalition