War Zusammenarbeit häufig in der Shakespeare-Zeit?
[Peter Kirwan, Tutor, Blogger und Forscher, Doktorarbeit
an der University of Warwick über Schauspiele mit umstrittenen Autorschaft, antwortet für
den SBT:]
Die Zusammenarbeit war wohl die Standardform in der im frühen Theater geschrieben wurde. Unsere beste Quelle ist Philip Henslowes Tagebuch. Es gibt uns eine
Momentaufnahme über mehreren Jahrzehnte:
Fast zwei Drittel der Spiele hatte
mehrere Autoren. Shakespeares Zeitgenosse, Thomas Heywood,
behauptete, an mehr als 200 Stücken
beteiligt gewesen zu sein, und alle großen Schriftsteller - darunter Jonson und Marlowe -
haben mit anderen zusammengearbeitet.
Es geht aber nicht nur um Wörter, Anthony
Munday wurde als
"der beste Anstifter" bekannt.
Einige Autoren waren für Geschichten
spezialisiert, andere auf Dialoge oder arbeiteten
die Praxis hinter der Bühne aus. Das Manuskript von
Thomas More, mit
etwa sieben verschiedenen Handschriften,
zeigt uns die ganze Palette von Kooperationen.
Wir wissen, dass die Dramen von Shakespeare aufgeführt wurden, und wir wissen auch, dass durch die schiere Anzahl der
Mitarbeiter, die bei der Schaffung solcher Stücke beteiligt waren, die Produktionen
Gemeinschaftsarbeit war.
Die Idee eines einzigen künstlerischen
Geistes, der den Vorsitz über ein ganzes Werk führt, steht
im Widerspruch mit dem Wesen des
professionellen Theaters.
Erwiderung:
Zusammenarbeit mag bei einigen Autoren üblich gewesen sein, aber dies allein beweist nicht, dass irgendein anderer Schriftsteller mit William Shakespeare zusammengearbeitet hat oder dass er ihm überhaupt begegnet ist.
Kirwan (oben) erwähnt, dass fast zwei Drittel der in Henslowes Tagebuch
aufgezeichneten Zahlungen für Kooperationen erfolgt sind. Die Tagebuchaufzeichnungen
nennen 282 Schauspiele, zwei Drittel davon sind etwa 180. Aber Henslowes Tagebuch ist
ein Bericht über nur eines von
mindestens sieben Schauspielhäusern, die während der Zeit aktiv betreiben wurden. Wir kennen die Namen von mehr als 1500 Stücken (es gibt Hinweise
auf mehr als 3000, die während Shakespeares
Lebzeiten inszeniert worden sind.) Bei den 1500 ist
nur etwa von einem Achtel bekannt, dass
es Kooperationen waren. Das beweist
gar nichts in der einen oder anderen Richtung,
außer, dass die Betonung von Zusammenarbeit vielleicht unangebracht ist oder damit eine andere Absicht
verfolgt wird.
Wie seltsam, dass wir Shakespeares Genie hoch
über dem aller anderen Autoren
einschätzen, dass seine Werke von allen anderen so verschieden sind, dass wir
von einzelne Szenen, sogar von einzelne Zeilen sagen
können, dass er sie nicht geschrieben hat,
weil ihnen der „Golden Touch" fehlt,
den nur er allein beherrscht und wir
ihn nicht mit dem Standard anderer
Autoren vergleichen können. Doch im Bereich der Zusammenarbeit soll plötzlich Shakespeare so
gewöhnlich sein wie jeder Lohnschreiber
des elisabethanischen Zeitalters. Was
ist hier wirklich los?
- Ramon
Jimenez, Autor zweier Bücher über
die römische Republik sowie zahlreicher Aufsätze zur
Verfasserschaftsfrage in „The Oxfordian"
und SOS-Newsletter.
- Robin Williams, Präsident der Mary Sidney Society;
Doktorand in Englisch,
Brunel University, London