Frage 27

Welche Methoden werden zum Nachweis von Koautorschaft in Shakespeares Stücken angewendet?

[MacDonald (Mac) Jackson, emeritierter Professor für Englisch an der University of Auckland und Fellow der Royal Society of New Zealand, antwortet für den SBT.]

Shakespeare und seine Schriftstellerkollegen hatten alle ihren eigenen Stil. Verse, Wortschatz, Grammatik, Satzbau, Bildersprache, Ausdrucksweise und Ideen können analysiert werden und spezifische Merkmale können gezählt werden, um die einzelnen Beiträge zu sortieren. In dem Stück The Two Noble Kinsmen, das als Koproduktion von Shakespeare und Fletcher veröffentlicht wurde, helfen sogar triviale Details, die Beiträge der beiden Autoren voneinander zu unterscheiden. Im Gegensatz zu Shakespeare bevorzugt Fletcher "ye" vor "you" und vermeidet die altmodischen Konjugationen "hath" und "doth". Fletcher fügt am Ende einer Zeile weit häufiger als Shakespeare eine unbetonte Silbe an.

Auf der Grundlage solcher Präferenzen, die aus Einzelprodukionen herausgelesen werden können, bilden wir ein eigenständiges Verfasserprofil.

Erwiderung:

Wie Jiménez bemerkt (Frage 24), finden wir in dem 1634 veröffentlichten Stück The Two Noble Kinsment Beweise dafür, dass es sich um eine gemeinsame Produktion von John Fletcher und William Shakespeare handelt (obwohl zu beachten ist, dass das Stück erst 18 Jahre nach Mr.  S h a k s p e r e s  und 9 Jahre nach Fletchers Tod veröffentlicht wurde). Auch wenn dies so ist, muss man mit bedenken, dass verschiedene Stücke auf der Titelseite fälschlich Shakespeare zugeschrieben worden sind. Die Zuweisung an „Fletcher and Shakespeare" ist nicht notwendigerweise genau. Weitere Beweise für eine Zusammenarbeit der beiden Autoren existiert nicht. Wir können letztendlich nicht wissen, ob sie sich je getroffen und zeitgleich zusammengerarbeitet haben.

Für keine der anderen vermuteten Kooperationen Shakespeares existieren extratextuelle Belege, wie wir sie zum Beispiel für andere Autoren aus den Aufzeichnungen Philip Henslowes entnehmen können. Hinzu kommt, dass intratextuelle Zuweisungen notorisch unzuverlässig sind und oft einander widersprechen. Ohne dokumentarische Belege bleibt die Gültigkeit von Zuweisungsstudien unsicher.

Obwohl solche Studien nützlich sind, um Stilunterschiede nachzuweisen, und es außer Zweifel steht, dass in diversen Stücken Interpolationen stattgefunden haben, kann keineswegs mit Sicherheit geschlossen werden, dass der Koautor/Interpolator/Herausgeber den Verfasser des Originals persönlich kannte. Stücke können bei unabhängig voneinander arbeitenden Autoren begonnen oder vollendet worden sein; sie können auch von einem Autor ursprünglich verfasst und von einem anderen nachträglich überarbeitet worden sein; sie können postum ergänzt und überarbeitet worden sein. Und schließlich ist auch der Fall nicht auszuschließen, dass der ursprüngliche Autor das eigene Werk zu einem späteren Zeitpunkt überarbeitet hat.

Je mehr die Forscher Koautorschaft herausstreichen, desto schwieriger wird es bei fehlender Evidenz wie etwa Briefe, zumal zum Zeitpunkt, da Mr.  S h a k s p e r e  in Stratford verweilte, Koautorschaft zu beweisen - denn Koautorschaft setzt allemal Absprachen voraus, was bei größeren Entfernungen bedeutet: Briefwechsel. Für andere Schriftsteller besitzen wir solche Briefe und Dokumente - wieso nicht für den größten von allen?

- Ramon Jiménez, Autor zweier Bücher über die Römische Republik und zahlreicher Artikel zur Verfasserschaftsfrage in The Oxfordian und SO Newsletter - Robin Williams, Präsidentin der Mary Sidney Society; Doktorandin für Englisch an der Brunel University, London

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