Frage 53

Akademische Grade werden an den Universitäten Brunel und Concordia [Oregon] denjenigen gewährt, die Shakespeares Verfasserschaft in Frage stellen. Welche intellektuelle Berechtigung gibt es dafür?

[Victoria Buckley, deren Werk Doktorandenforschung an der Universität Sussex Shakespeare einschließt, anwortet für den SBT.]

Das Zentrum zur Erforschung der Verfasserschaft von Shakespeares Werken an der Concordia University betrachtet die traditionelle Shakespeare-Forschung als eine Verweigerungsindustrie und lädt begeisterte Amateure ein, um - ähnlich Horatio - dabei zu helfen, „meine Sache richtig zu berichten". Für jährlich $125 kann jeder mit einem Vordiplom assoziierter Forscher werden. Für $10 000 kann der Titel eines LIFE-Forschers [LIFE = Legislative Incentive for Future Excellene/Gesetzlicher Anreiz für künftige Exzellenz] erworben werden.

Erwiderung:

Victoria Buckley möchte offenbar den Eindruck aufdrängen, an der Concordia University würden Leute fehlgeleitet. Dem ist nicht so. Wir reagieren lediglich im Interesse oder auf die Bitten von Studenten und anderen, die nach Erwerb eines Grades ihre Shakespearestudien fortsetzen möchten. Wir bieten Zugriff auf unsere Datenbanken, so dass sie weiter eine faszinierende Frage studieren und erforschen können, was ihnen später am Ort, wo sie ihren Beruf ausüben, nicht so gut möglich wäre.

Gegen eine geringe jährliche Gebühr zur Deckung der Kosten der Universität haben assoziierte Forscher die ganze Woche hindurch vierunzwanzig Stunden lang Zugriff auf Zeitschriften und andere Publikationen, die in Druck oder online nicht immer einfach erhältlich sind. Unser LIFE-Forscherprogramm bietet Unterstützung für die Universität, was uns ermöglicht, unsere Ressourcen zu erweitern und sie anderen zur Verfügung zu stellen, denen sie sonst nur in begrenztem Umfang oder überhaupt nicht zugänglich wären. Verfährt die University of Sussex nicht ähnlich?

Der SBT und seine akademischen Verbündeten mögen es vielleicht nicht gern sehen, dass ihr Zugriffsmonopol auf Forschungsinformationen durchbrochen wird, aber sie haben keinen Grund, uns dafür zu tadeln, dass wir den Bedürfnissen ehemaliger Studenten entgegenkommen, statt ihren Zugang zu veröffentlichtem Wissen zu beschränken. Weshalb sind der STB und seine Verbündeten derart beunruhigt? Was befürchten sie?

- Daniel L. Wright, Ph.D., Professor für Englisch; Direktor des  Shakespeare Authorship Research Centre, Concordia University, Portland, Oregon

Victoria Buckley, für den SBT:

Das Master-Programm der Brunel University, London, vertritt die Ansicht, dass es der Wunsch nach einer nationalen und internationalen Ikone war, aus dem die Shakespeare-Industrie hervorging, und argumentiert, dass Shakespeare nicht ein einziger Verfasser sei, sondern eine Autorengruppe für die Werke verantwortlich sei. Obwohl die Erforschung literarischer Koproduktionen in der frühen Neuzeit ein legitimer Forschungsgegenstand ist, haben sich sowohl die Concordia als die Brunel University zum Ziel gesetzt, die Ergebnisse von Generationen von Forschern in Abrede zu stellen, und setzen sich damit dem Vorwurf aus, bewährte kritische Ansätze zur Geschichte und literarischen Produktion zu verwischen.

Erwiderung:

Gott behüte, dass ein College oder eine Universität je „die Ergebnisse von Forchergenerationen" oder „bewährte kritische Ansätze" über Bord werfen würden. Aber überprüfen, revidieren im Licht neuer Erkenntnisse oder mehrversprechender Ansätze - haben Forscher nicht oft just dafür einen Nobelpreis erhalten?

Wenn, wie der SBT behauptet, ihre Evidenz so eindeutig und schlagend ist, dass „es keinen Grund zum Zweifel gibt", dann haben sie nichts zu befürchten, dann erübrigt es sich für sie, nach irgendwelchen psychologischen Dispositionen der Zweifler zu suchen, und sie könnten sich über jeden Zweifel erhaben auf der Tatsachenebene bewegen. Das Gegenteil geschieht aber.

Was wirklich auf dem Spiel steht, ist kein unbeflecktes Forschungsinteresse, sondern die Frage, ob das höchst defensive Eigeninteresse einer auf dem Stratford-Tourismus basierenden "gesprächigen" Industrie sich selbst gegen eine kleine Minderheit "gefrägiger" Wahrheitsuchender immunisieren kann, indem sie dogmatischen Konformismus fordert.

Unsere Position:

"Berowne: Was ist der Zweck des Studiums? Lasst mich wissen.
König: Nun, das zu wissen, was wir nicht wissen.
Berowne: Was unerforschlich ist gemeinem Sinn?
König: Das ist des Studiums göttlicher Gewinn!
Berowne: Dann, schwör Euch, studier ich andachtsvoll,/Zu wissen das, was mir zu wissen wird verwehrt. "

- William Shakespeare, Verlorene Liebesmüh' (I, 1)

Victoria Buckley, für den SBT:

Schoenbaums Feststellung, dass die Looneysche Oxford-Theorie zum Teil von einem spiritistischen Medium stammt, das 1942 Shakespeares entleibte Stimme vernommen haben soll, beweist eindrücklich, weshalb es diese Theorie nicht verdient, in akademischen Kreisen ernst genommen zu werden.

Erwiderung:

Schoenbaums Behauptung ist falsch. Die Oxford-Theorie beruht auf Fakten und logischer Schlussfolgerung. Die Inanspruchnahme spiritistischer Medien durch Percy Allen in den 1940er Jahren lässt Looneys Argumentation gänzlich unberührt. Dass Looney mit Percy Allen „verrührt" wird, ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie dem SBT in erster Linie an Diskreditierung, nicht an sachgerechter Beurteilung interessiert ist. John Thomas Looney veröffentlichte Shakespeare Identified 1920; wie hätten spiritistische Sitzungen im Jahr 1942 sein Werk beeinflussen können? Zumal Looney 1944 starb. Im Übrigen war Looney schon etwa zehn Jahre vorher zu Allens Thesen deutlich auf Distanz gegangen.

-   Daniel L. Wright, Ph.D., Professor für Englisch; Direktor des  Shakespeare Authorship Research Centre, Concordia University, Portland, Oregon

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