Frage 41

Welche Gründe werden für die Zweifel an Shakespeares Verfasserschaft der Stücke angeführt?

[Stuart Hampton-Reeves, Professor of Research-informed Teaching at the University of Central Lancashire, Chair of the British Shakespeare Association, Autor zahlreicher Bücher zu der Art, wie Shakespeares Stücke aufgeführt werden, antwortet für den SBT.]

Selbstverständlich gibt es für die Zweifel an Shakespeares Verfasserschaft der Stücke ebensoviele Gründe wie es Zweifler gibt. Und ich glaube, dass bestimmte Leute einfach nur eine gute „story"  und den Konsens herauszufordern wünschen. Ich glaube auch, dass jene, die erhebliche Zweifel nähren, von einer leidenschaftlichen Beziehung zu Shakespeare ausgehen. Es ist fast so etwas wie eine Liebesbeziehung. Aber wenn sie sich sich den Archiven zuwenden und sich die erhaltenen Dokumente anschauen, finden sie sehr wenig, wofür sie entflammen könnten. Sie finden nicht die Stimme Romeos, die Stimme Hamlets oder die tragische Absurdität Lears. Was sie finden, ist die Geschichte eines ziemlich gewöhnlichen Mannes, der eine ziemlich gewöhnliche Existenz gefristet hat. Und da Shakespeare dem Bild, das sie sich von ihm gemacht haben, nicht gerecht werden kann, suchen sie in den Archiven nach anderen, schillernderen Personen. Ich glaube, dass dies eine Funktion der Art und Weise ist, wie Shakespeare schreibt. Er war im Stande, mit vielen verschiedenen Stimmen zu reden, und die einzige Verschwörung des Verschweigens ist die Verschwörung, seine eigene Stimme in seinen Werken zum Verstummen zu bringen.

Erwiderung:

Zu sagen, dass „es für die Zweifel an Shakespeares Verfasserschaft der Stücke ebensoviele Gründe wie es Zweifler gibt", ist nicht richtig. Es besteht ein hohes Maß an Übereinstimmung hinsichtlich der Gründe, an  S h a k e s p e r e s  Verfasserschaft zu zweifeln. Diese Gründe sind in der zuerst 2007 herausgegebenen und bis heute von über 2000 Personen unterzeichneten Declaration of Reasonable Doubt aufgelistet.

Man braucht in die Frage, weshalb so viele Leute die Verfasserschaft Shakespeares anzweifeln, nichts hineinzugeheimnissen, es sei denn, man gehört zu jenen, die solche Zweifel aus der Welt reden möchten und sich weigern, die Declaration zu lesen oder gar deren Existenz leugnen möchten. Ein Grund, der in der Declaration nicht genannt wird, ist, dass die Zweifler in den Dokumenten über den Mann aus Stratford „wenig finden, für das", wie Hampton-Reeves schreibt, „sie entflammen könnten". Der SBT mag noch so beharrlich behaupten, die Zweifel an der Verfasserschaft   S h a k e s p e r e s  läge in der Psychologie des Zweifler begründet, die Zweifel entzünden sich immer an der Dürftigkeit der Beweislage.

Ursprünglich entsprang der Zweifel der fehlenden Beziehung zwischen Person und Werk. Seitdem hat auch ein beispielloser Forschungsaufwand es nicht vermocht:

1. dokumentarische Belege dafür zu finden, dass  S h a k s p e r e  ein Schriftsteller war;
2. dass Shakespeare je eine Zahlung als Schriftsteller erhielt (obwohl er ein Schauspieler war);
3. einen Brief zu Tage zu fördern, in dem er als Schriftsteller bezeichnet wird;
4. einen persönlichen Hinweis auf ihn als Schriftsteller herbeizubringen;
5. dass irgendjemand in seiner Familie ihn als Schriftsteller erkannte;
6. dass er selbst irgendeine Spur als Schriftsteller hinterlassen hätte. Das einzige schriftliche Zeugnis, das wir von ihm haben, sind die sechs Unterschriften auf Urkunden, aber kein Manuskript, kein Brief, kein Gedicht. Wie es ein Zweifler einmal ausgedrückt hat: Shakespeare war „eine einmalig stumme Quelle der Beredtheit".

Der Hauptgrund ist nicht die Suche nach Hamlets Stimme, sondern die Tatsache, dass, wie es Trevor-Roper sagte, „ein in der Geschichte für eine Person betriebener beispielloser Forschungaufwand" mit solch leeren Händen dasteht.

- Robin Williams, Präsidentin der Mary Sidney Society; Doktorandin für Englisch an der Brunel University in West London

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